Lieder Abend in Münster - 14/09/09
Bravos und rauschender Applaus
Münster - Zu Recht war man in der Friedenskapelle stolz, Henrike Jacob zu präsentieren: der Hinweis auf das überwältigende Echo, das die Sopranistin an den Städtischen Bühnen als „Lucia di Lammermoor“ hervorrief, fehlte im Programmheft nicht. In Paris hat sie Gesang studiert, und so kam ihr Liederabend als „deutsch-französisches Florilège“ daher - ein leuchtender Lieder-Strauß, der mit Debussy und Ravel impressionistischen Duft verströmte, mit Richard Strauss in Fin-de-Siècle-Melancholie schwelgte und schließlich bei Kurt Weill das Ohr auch mit ein paar frechen Disteln pikste. Bravos und rauschender Applaus waren der Sopranistin am Ende sicher, die in dem famosen Michael Preiser einen kongenialen Klavierpartner zur Seite hatte.Schon bei den ersten Debussy-Takten ist klar: Hier fordert eine große Bühnenstimme so viel Raum, wie die Friedenskapelle nur bieten kann. Immer schwelgerisch, immer kraftvoll singt sie „Nuit détoiles“ oder „Romance“ - um sich dann vom zupackenden Klaviersatz („Cheveaux de bois“) forttragen zu lassen.
Dem Motto des Abends gemäß kommen die „4 Mädchenblumen“ von Richard Strauss daher, als „blumige“ Charakterstücke: In keckem Rot die „Mohnblumen“, in schwermütiger Sehnsucht „Epheu“ („Aber Epheu nenn ich jene Mädchen mit den sanften Worten . . .“). Spitzentöne hell erstrahlen zu lassen, ist Henrike Jacob meist wichtiger als subtile Textausdeutung; Doch mit dem schelmischen Koloraturen-Feuerwerk von Straussens „Amor“ fegt sie jeden Einwand hinweg. Nach der Pause: Ravels „Cinq chansons populaires grecques“. Unter den Glanzlichtern des Abends glänzen sie am hellsten. Hier kann die Stimme in Melancholie baden, das Klavier in impressionistischen Farben. Und wenn Ravel seine „Habenera“ anstimmt, lehnt Henrike Jacob kokett am Flügel und zupft sich gleich einer blonden „Carmen“ eine Haarsträhne lang. Am Schluss geben sich all die Kurt-Weill-Frauen ein Stelldichein, die ihren Kummer mal frech berlinernd herausträllern („Nannas Lied“), mal elend ins Schnapsglas heulen. Sicher, ihre Stimme ist zu schön und sie selbst zu strahlend für das Verruchte, Verkaterte und Vergebliche dieser Lieder. Doch wenn Henrike Jacob ihrem „Johnny“ ein verächtliches „You rat!“ ins Gesicht singt, schmilzt das begeisterte Publikum dahin. Im kommenden Jahr wird Jacob noch einmal als „Lucia di Lammermoor“ auf der Bühne der Städtischen Bühnen stehen. Und alle, die am Sonntag dem einschläfernden Kanzler-TV-Duell den Vorzug gaben, dürfen sich ärgern.
VON ARNDT ZINKANT, MÜNSTER © Münsterländische Volkszeitung
14 · 09 · 09
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